- Inhaltsverzeichnis
- Schutzbereich
- Persönlicher Schutzbereich
- Natürliche Personen
- Juristische Personen
- Sachlicher Schutzbereich
- Eingriff
- Rechtfertigung
- Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
- Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
- Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
- Formelle Verfassungsmäßigkeit
- Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
- Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
- Form: Ausfertigung und Verkündung
- Materielle Verfassungsmäßigkeit
- Allgemeine materielle Anforderungen
- Besondere materielle Anforderungen des qualifizierten Gesetzesvorbehaltes
- Durchsuchung (Abs. 2)
- Technische Wohnraumüberwachung; auch: ‚Lauschangriff‘ (Abs. 3 – 6).
- Repressiver Zweck: Verfolgung besonders schwerer Straftaten (Abs. 3)
- Präventiver Zweck: Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit (Abs. 4)
- Schutz von beim Einsatz in Wohnungen tätigen Personen wie insb. verdeckten Ermittlern (Abs. 5)
- Sonstige Eingriffe und Beschränkungen (Abs. 7)
- Verhältnismäßigkeit
- Legitimer Zweck
- Geeignetheit
- Erforderlichkeit
- Angemessenheit
- Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts
Schutzbereich
Persönlicher Schutzbereich
Natürliche Personen
Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein ‚Jedermanngrundrecht‘ (auch ‚Menschenrecht‘), auf das sich alle natürlichen Personen – unabhängig von ihrer Nationalität – berufen können.
Träger des Grundrechts (und somit prozessual beschwerdebefugt) ist jede Person, die einen geschützten Bereich tatsächlich besitzt (bewohnt). Die Eigentümerstellung ist dabei nach ganz h.M. irrelevant. Umstritten ist, ob der Beschwerdeführer ein Recht zum Besitz haben muss(te) (s. Problembox).
Juristische Personen
Juristische Personen können sich unter den Voraussetzungen des Art. 19 III GG (siehe das Schema dort) grds. auf Art. 13 GG berufen.
Sachlicher Schutzbereich
z.B. Privatwohnungen inkl. Nebenräumen, Garagen etc.; temporäre und lose Behausungen wie Hotelzimmer, Ferienwohnungen, Zelte, etc.; nicht öffentlich zugängliche Betriebs- und Geschäftsräume, in denen der Selbstverwirklichung dienende Tätigkeiten ausgeübt werden (BVerfG: hierfür gelten aber nicht die strengen Rechtfertigungsvoraussetzungen des Abs. 7, sondern erleichterte ungeschriebene; str.)
Eingriff
Es stellt nach h.M. keinen Eingriff dar, wenn freiwillig und ohne Zwang das Einverständnis zum Betreten der Wohnung erteilt wird (a.A. dann bereits kein Schutzbereich eröffnet wg. Grundrechtsverzicht).
Rechtfertigung
Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
Art. 13 GG enthält je nach Art des Eingriffs in den Abs. 3 – 7 unterschiedliche Schranken in Form von jeweils qualifizierten Gesetzesvorbehalten. Erforderlich ist demnach stets ein formelles Gesetz als Ermächtigungsgrundlage. Siehe zu den besonderen materiellen Anforderungen des qualifizierten Gesetzesvorbehaltes den diesbezüglichen Prüfungspunkt unten.
Lediglich der praktisch wenig bedeutsame Abs. 7 Hs. 1 enthält eine verfassungsunmittelbare Schranke; dort ist keine einfachgesetzliche Eingriffsgrundlage nötig.
Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
Formelle Verfassungsmäßigkeit
(→ Ausführlich hierzu das Prüfungsschema Gesetzgebungsverfahren)
Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
Form: Ausfertigung und Verkündung
Materielle Verfassungsmäßigkeit
Allgemeine materielle Anforderungen
- Zitiergebot (Art. 19 I 2 GG; teilw. auch unter ‚formelle Verfassungsmäßigkeit‘ geprüft)
- Verbot des Einzelfallgesetzes (Art. 19 I 1 GG)
- Bestimmtheit und Rückwirkungsverbot (allg.: Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG; speziell für Strafgesetze, Art. 103 II GG)
Die polizeiliche Generalklausel bildet mangels Bestimmtheit keine tragfähige gesetzliche Grundlage für Eingriffe in Art. 13 GG (str.)
- Verbot der Einschränkung des Wesensgehaltes (Art. 19 II GG)
Ähnlich wie auch beim allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG ist auch bei Art. 13 der Kernbereich privater Lebensgestaltung absolut geschützt (z.B. Gespräche mit dem Lebenspartner über sexuelle Intimitäten). Überwachungsmaßnahmen sind bei solchen Inhalten aktenkundig abzubrechen und die Aufzeichnungen zu löschen. Für jene Informationen gilt ein striktes Beweisverwertungsverbot (str.).
Besondere materielle Anforderungen des qualifizierten Gesetzesvorbehaltes
Durchsuchung (Abs. 2)
z.B. Betreten einer Wohnung durch die Spurensicherung nach einem Mord; Betreten durch den Gerichtsvollzieher zu Pfändungszwecken
Im Falle einer Durchsuchung sind Voraussetzung:
- BVerfG: Vor der Durchsuchung vorliegende Verdachtsgründe für eine Straftat, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen
- Richtervorbehalt (Einzelrichter) oder Gefahr in Verzug
- Einhaltung der in der richterlichen Anordnung beschriebenen Maßnahmen („in der dort vorgeschriebenen Form“)
z.B. Geiselnahme; Täter beginnt sicht-/hörbar Beweise zu vernichten; nicht: Richter ist nachts nicht erreichbar (Gerichte müssen Erreichbarkeit durch Eil-/Notdienst sichern)
Technische Wohnraumüberwachung; auch: ‚Lauschangriff‘ (Abs. 3 – 6).
z.B. Installieren von Abhörvorrichtungen (‚Wanzen‘) in der Wohnung; aber auch: Installieren von Richtmikrofonen oder Wärmeabstrahlungsmessungen außerhalb der Wohnung; nicht: reine Online-Durchsuchung
Im Falle einer technischen Wohnraumüberwachung ist nach Zweck zu differenzieren:
Repressiver Zweck: Verfolgung besonders schwerer Straftaten (Abs. 3)
Voraussetzungen sind sodann:
- Verdacht einer besonders schweren Straftat,
- Begrenzung auf akustische Überwachung in der Wohnung, in der sich der Beschuldigte vermutlich aufhält,
- Erforschung auf andere Weise muss unverhältnismäßig erschwert oder aussichtslos sein (teilw. geprüft unter Erforderlichkeit, s.u) und
- zeitlich befristete (BVerfG: Höchstdauer vier Wochen) richterliche Anordnung durch einen mit drei Richtern besetzten Spruchkörper oder bei Gefahr im Verzug durch einen Einzelrichter.
- Bsp.: Bei Straftaten gegen Leib und Leben, Diebstahlserie, schwere Steuerhinterziehung
Präventiver Zweck: Abwehr dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit (Abs. 4)
- Dringende Gefahr für die öffentliche Sicherheit (insb. Gefahr für Allgemeinheit, Lebensgefahr oder vergleichbare Gefahr für Sach- und Vermögenswerte)
- Keine Begrenzung auf akustische Überwachung (z.B. auch optische)
- Richtervorbehalt (Einzelrichter) oder bei Gefahr im Verzug (vgl. o.) unter unverzüglicher Nachholung der richterlichen Anordnung
Schutz von beim Einsatz in Wohnungen tätigen Personen wie insb. verdeckten Ermittlern (Abs. 5)
- Rechtmäßigerweise in einer Wohnung ermittelnde Personen
- Anordnung durch jede gesetzlich bestimmte Stelle (kein Richtervorbehalt; aber: Verwertbarkeit der Informationen nur bei richterlicher Anordnung)
Sonstige Eingriffe und Beschränkungen (Abs. 7)
Eingriffe und Beschränkungen, die weder Durchsuchung noch technische Wohnraumüberwachung sind, können dennoch in Art. 13 GG eingreifen und unter den Voraussetzungen des Abs. 7 gerechtfertigt sein. Abs. 7 ist subsidiär zu den vorherigen Absätzen und damit praktisch größtenteils bedeutungslos.
Verhältnismäßigkeit
Legitimer Zweck
Grds. jedes öffentliche Interesse, das verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen ist.
Geeignetheit
Das Ziel kann grundsätzlich durch das Mittel erreicht werden.
Erforderlichkeit
Es existiert kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Ziels.
Angemessenheit
Die Intensität des Eingriffs muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel des Schutzes anderer Verfassungsgüter stehen. Dies bedeutet i.d.R. das Erfordernis, dass die Stärke des Tatverdachts und die Schwere des mit der Durchsuchung verbundenen Eingriffs im Verhältnis zueinanderstehen müssen.
Eingriffe in besonders geschützte Räume (z.B. Anwaltskanzleien, Schlafzimmer) sind schwerer zu gewichten; Eingriffe in Betriebs- und Geschäftsräume weniger schwer.
Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts
Urteil oder Maßnahmen aufgrund des Gesetzes.