- Inhaltsverzeichnis
- Schutzbereich
- Persönlich
- Natürliche Personen
- Juristische Personen
- Sachlich
- Eingriff
- Rechtfertigung
- Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
- Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
- Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
- Formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
- Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
- Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
- Form: Ausfertigung und Verkündung
- Materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
- Allgemeine materielle Anforderungen
- Verhältnismäßigkeit des Gesetzes
- Legitimer Zweck
- Geeignetheit
- Erforderlichkeit
- Angemessenheit
- Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts
Schutzbereich
Persönlich
Natürliche Personen
Die Glaubens-/Gewissensfreiheit ist ein ‚Jedermanngrundrecht‘ (auch ‚Menschenrecht‘), auf das sich alle natürlichen Personen – unabhängig von ihrer Nationalität – berufen können.
Juristische Personen
Auch Glaubensgemeinschaften können sich nach Art. 19 III GG auf Art. 4 I GG berufen. Sie müssen dafür nicht rechtsfähig i.S.d. Privatrechts sein. Siehe hierzu allgemein das Schema Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen, Art. 19 III GG.
Beispiele: Kirchen in Form von Körperschaften des Öffentlichen Rechts; nicht-rechtsfähige katholische Jugendvereine; private konfessionelle Krankenhäuser; nicht-religiöse Glaubensgemeinschaften
Sachlich
Die Begriffe Glaube, Religion, Weltanschauung und Gewissen sind schwer voneinander abzugrenzen.
Die h.M. (BVerfG) interpretiert Art. 4 I GG jedoch als „umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht“:
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Dabei fungiert Glaube als Oberbegriff für Religion und Weltanschauung.
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Die Gewissensfreiheit ist nach h.M. eine separate Gewährleistung desselben Grundrechts. (Eine a.A. sieht die Gewissensfreiheit als separates Grundrecht an, s. Problembox)
Glaube
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Gewissen
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Religion
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Weltanschauung
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Schutzbereich ist unabhängig von Organisationsstruktur (nicht nur große Religionen)
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Nachgeordnete politische und wirtschaftliche Ziele der Organisationen sind unschädlich
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Erforderlich ist aber eine gewisse Ernsthaftigkeit. Es muss sich nach Ansicht des BVerfG „tatsächlich, nach geistigem Gehalt und äußerem Erscheinungsbild, um eine Religion oder Religionsgemeinschaft handeln". Nicht geschützt sind nach h.M. (str.) reine Religionsparodien (z.B. Pastafarianismus mit ‚Glaube‘ an das fliegende Spaghettimonster).
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- Innere und äußere Komponente
Glaube (Religion / Weltanschauung) und Gewissen haben jeweils eine innere sowie eine äußere Komponente:
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- forum internum
Das Recht, Glaube/Religion/Weltanschauung/Gewissen (nicht) zu bilden bzw. (nicht) zu haben.
- forum externum
Das Recht, Glaube/Religion/Weltanschauung (nicht) zu äußern bzw. (nicht) danach zu handeln.
- Positive und negative Komponente
Forum internum und forum externum haben jeweils wiederum eine positive sowie eine negative (vgl. ‚nicht‘) Komponente.
Eingriff
- Beispiel für Eingriff nach klassischem Eingriffsbegriff: Kopftuchverbot
- Beispiel für Eingriff nach modernem Eingriffsbegriff: Staatliche Warnung vor Sekten
Rechtfertigung
Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
Art. 4 GG enthält (bis auf für den Spezialfall der Regelung des Wehr- und Ersatzdienstes in Art. 4 III 2 GG) keinen Gesetzesvorbehalt.
Die h.M. sieht auch in Art. 140 GG i.V.m. Art. 136 I WRV keinen einfachen Gesetzesvorbehalt speziell für die Religionsfreiheit (s. Problembox).
Enthalten Grundrechte keinen Gesetzesvorbehalt, gilt nach h.M. aufgrund der sozialen Dimension der Grundrechte stets der ungeschriebene Vorbehalt der verfassungsimmanenten Schranken. Siehe hierzu ausführlich das Prüfungsschema Freiheitsgrundrechte. Es handelt sich dabei um einen besonders qualifizierten (strengen) Gesetzesvorbehalt. Das Grundrecht kann also nur eingeschränkt werden:
- auf gesetzlicher Grundlage
- zum Schutz der Grundrechte Dritter oder sonstiger Verfassungsgüter (z.B. Rechtsstaatlichkeit, Schutz der natürlichen Lebensgrundlage etc.) und nicht für jeden sonstigen legitimen Zweck
Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
Formelle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
(→ Ausführlich hierzu das Prüfungsschema Gesetzgebungsverfahren)
Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
Form: Ausfertigung und Verkündung
Materielle Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
Allgemeine materielle Anforderungen
- Zitiergebot (Art. 19 I 2 GG; teilw. auch unter ‚formelle Verfassungsmäßigkeit‘ geprüft)
- Verbot des Einzelfallgesetzes (Art. 19 I 1 GG)
- Bestimmtheit und Rückwirkungsverbot (allg.: Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG; speziell für Strafgesetze, Art. 103 II GG)
- Verbot der Einschränkung des Wesensgehaltes (Art. 19 II GG)
Verhältnismäßigkeit des Gesetzes
Legitimer Zweck
Mangels Gesetzesvorbehalts reicht nicht jeder beliebige Zweck aus. Einschränkungen sind lediglich zum Schutz der Grundrechte Dritter oder sonstiger Verfassungsgüter zulässig.
Geeignetheit
Das Gesetz muss geeignet sein, den Zweck wenigstens zu fördern.
Erforderlichkeit
Es darf kein gleichermaßen geeignetes Mittel zur Verfügung stehen, das milder ist (also weniger intensiv in Grundrechte eingreift).
Angemessenheit
Die Intensität des Eingriffs muss in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel des Schutzes anderer Verfassungsgüter stehen.
Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts
Urteil oder Maßnahmen aufgrund des Gesetzes.