- Inhaltsverzeichnis
- Schutzbereich
- Persönlicher Schutzbereich
- Natürliche Personen
- Juristische Personen
- Sachlicher Schutzbereich
- Eingriff
- Rechtfertigung
- Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
- Geschrieben
- Einfacher Gesetzesvorbehalt
- Qualifizierter Gesetzesvorbehalt
- Verfassungsunmittelbare Schranken
- Ungeschrieben: Verfassungsimmanente Schranken (h.M.)
- Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
- Formelle Verfassungsmäßigkeit
- Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
- Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
- Form: Ausfertigung und Verkündung
- Materielle Verfassungsmäßigkeit
- Allgemeine materielle Anforderungen
- Verhältnismäßigkeit des Gesetzes
- Legitimer Zweck
- Geeignetheit
- Erforderlichkeit
- Angemessenheit (auch: ‚Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (i.e.S.)‘)
- Sofern vorhanden: Verfassungsmäßigkeit des Einzelaktes
Schutzbereich
Persönlicher Schutzbereich
Natürliche Personen
Der persönliche Schutzbereich hängt davon ab, ob es sich um ein ‚Jedermanngrundrecht‘ (auch ‚Menschenrecht‘) oder ein ‚Deutschengrundrecht‘ (auch ‚Bürgerrecht‘) handelt:
Juristische Personen
Siehe hierzu ausführlich die Übersicht: Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen bei Art. 19 III GG.
Sachlicher Schutzbereich
Je nach Grundrecht unterschiedliche Schutzgüter (z.B. Leben, Art. 2 II 1 GG; Eigentum, Art. 14 I GG) oder Tätigkeiten (z.B. Äußern und Verbreiten der eigenen Meinung, Art. 5 I GG).
Eingriff
Beispiel: Das Gesundheitsministerium warnt auf seiner Homepage vor dem mit Glykol versetzten Wein des Herstellers X, der infolgedessen Umsatzeinbrüche erleidet und bankrott geht. Unter anderem mangels Unmittelbarkeit (mittelbare Kundenentscheidung nicht mehr zu kaufen) und Rechtsförmigkeit liegt kein klassischer Eingriff vor. Es handelt sich jedoch um ein funktionales Äquivalent, da besondere Intensität (Weinhersteller geht Bankrott) und Finalität (es wird gerade vor einem bestimmten Weinhersteller gewarnt) vorliegen.
Rechtfertigung
Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
Bis auf die Menschenwürde aus Art. 1 I GG („unantastbar") sind alle Grundrechte einschränkbar (auch wenn sich dies aus dem Wortlaut nicht unmittelbar ergibt).
Geschrieben
Einfacher Gesetzesvorbehalt
Enthält das Grundrecht selbst einen einfachen Gesetzesvorbehalt (Formulierungen z.B. „durch Gesetz" oder „auf Grund eines Gesetzes"), ist ein formelles Gesetz für die Einschränkung erforderlich (Verordnungen oder Satzungen sind also nicht ausreichend).
Beispiele sind:
-
- Art. 2 II 3 GG
- Art. 10 II 1 GG
Qualifizierter Gesetzesvorbehalt
Enthält das Grundrecht selbst einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt, ist ebenfalls ein formelles Gesetz erforderlich, das jedoch den zusätzlichen im Grundrecht genannten materiellen Voraussetzungen genügen muss.
Beispiele sind:
-
- Art. 5 II GG (Gesetz muss z.B. ‚allgemein‘ sein)
- Art. 10 II 2 GG (Gesetz muss z.B. dem Schutz der freiheitlich demokratischen Grundordnung dienen)
- Art. 11 II GG (Gesetz muss z.B. erforderlich sein, um strafbaren Handlungen vorzubeugen)
Verfassungsunmittelbare Schranken
Das Grundrecht enthält bereits selbst (verfassungsunmittelbar) die Eingriffsgrundlage. Nach h.M. braucht es daher keine gesetzliche Grundlage mehr (a.A.: formelles Gesetz wg. allgemeinem Gesetzesvorbehalt). Beispiele sind:
-
- Art. 9 II GG (Verbot von Vereinigungen, deren Zwecke den Strafgesetzen zuwiderlaufen)
- Art. 13 VII 1. HS GG (Eingriffe und Beschränkungen zur Abwehr einer gemeinen Gefahr oder einer Lebensgefahr für einzelne Personen)
Ungeschrieben: Verfassungsimmanente Schranken (h.M.)
Auch wenn das Grundrecht keine expliziten (geschriebenen) Einschränkungsmöglichkeiten vorsieht, ist eine solche nach allen gängigen Theorien möglich.
Wenn man schon Einschränkungsmöglichkeiten für Grundrechte annimmt, in denen das Grundgesetz dies nicht geschrieben vorsieht, sind dafür (nach allen Ansichten) mindestens die Voraussetzungen der geschriebenen einfachen Gesetzesvorbehalte erforderlich. Es bedarf also auch hier zumindest eines formellen Gesetzes.
Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
Formelle Verfassungsmäßigkeit
Siehe ausführlich hierzu das Schema Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes / Gesetzgebungsverfahren (insb. Art. 70 ff. GG).
Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
Form: Ausfertigung und Verkündung
Materielle Verfassungsmäßigkeit
Allgemeine materielle Anforderungen
- Zitiergebot (Art. 19 I 2 GG)
-
-
Zweck
Warn- und Besinnungsfunktion für den Gesetzgeber = Anhalten des Gesetzgebers, Notwendigkeit und Ausmaß von Grundrechtseingriffen in öffentlicher Debatte zu klären
-
Anwendungsbereich
Wird durch BVerfG (Lit. teilw. a.A.) restriktiv ausgelegt, um nicht zur bloßen Formsachen zu verkommen (Gesetzgeber würde jedes Mal schreiben: „Art. 1 - 16 GG werden eingeschränkt") und gilt nicht für im Grundrecht selbst vorgesehene Regelungsaufträge, Inhaltsbestimmungen oder Schrankenziehungen (Allg. Handlungsfreiheit, APR, Meinungsfreiheit, Berufsfreiheit, Inhaltsbestimmungen des Eigentums).
-
Inhalt
Gesetz muss die Grundrechte, in die eingegriffen wird, benennen (zitieren).
- Verbot des Einzelfallgesetzes (Art. 19 I 1 GG)
- Verbot der Einschränkung des Wesensgehaltes (Art. 19 II GG)
-
Zweck
Schutz vor einem zur vollständigen Entleerung und praktischen Auslöschung des Grundrechts führenden Eingriff des Gesetzgebers.
-
Inhalt
Verhaltensweisen oder sonstige Bestandteile, die wesentlich für die Verwirklichung des Grundrechts sind, dürfen nicht verboten bzw. entzogen werden. Wesensgehalt muss nicht nur für jedes Grundrecht, sondern sogar für jeden Fall einzeln bestimmt werden (Theorie vom relativen Wesensgehalt; str.).
- Bestimmtheitsgebot (allg.: Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG; speziell für Strafgesetze, Art. 103 II GG)
-
Zweck
Rechtssicherheit; Vorhersehbarkeit; keine übermäßige Übertragung von Aufgaben der Gesetzeskonkretisierung an die Exekutive.
-
Inhalt
Gesetzgeber muss Vorschriften so klar fassen, dass die Rechtslage für den Betroffenen erkennbar ist und er sein Verhalten daran ausrichten kann.
- Rückwirkungsverbot (allg.: Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG; speziell für Strafgesetze: Art. 103 II GG)
-
- Echte Rückwirkung
Sachverhalt ist in der Vergangenheit abgeschlossen. Grundsätzlich unzulässig; aber stets Einzelfallabwägung zwischen dem schützenswerten Vertrauen in den Bestand der Rechtsordnung und dem Gewicht des Schutzgutes für das nachträglich verändernde Maßnahmen erlassen werden.
Beispiel: Erhöhung der Erwerbssteuer für Dieselfahrzeuge
- Unechte Rückwirkung
Sachverhalt hat in der Vergangenheit begonnen und dauert noch an. Grundsätzlich zulässig; aber auch hier Einzelfallabwägung.
Beispiel: Erhöhung der laufenden KFZ-Steuer für Dieselfahrzeug
Verhältnismäßigkeit des Gesetzes
Legitimer Zweck
Grds. jedes öffentliche Interesse, das verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen ist.
Geeignetheit
Das Ziel kann grundsätzlich durch das Mittel erreicht werden.
Erforderlichkeit
Es existiert kein milderes, gleich geeignetes Mittel zur Erreichung des Ziels.
Angemessenheit (auch: ‚Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne (i.e.S.)‘)
Abwägung zwischen dem Rechtsgut, zu dessen Schutz der Eingriff erfolgt (legitimer Zweck) und der Intensität des Eingriffs in das betroffene Rechtsgut.
Häufig bietet es sich an, die Abwägung wie folgt zu strukturieren:
- 1. Gewichtung des zu schützenden Rechtsgutes
- 2. Gewichtung des betroffenen Rechtsgutes und des Eingriffs
- 3. Abwägung mit dem Ziel der „praktischen Konkordanz" (= widerstreitende Positionen sollen möglichst schonend miteinander in Ausgleich gebracht werden, sodass keines der Rechtsgüter völlig zurücktritt, sondern beide möglichst umfangreich zur Geltung kommen).
Sofern vorhanden: Verfassungsmäßigkeit des Einzelaktes
Beispiele: Verwaltungsakte, Verordnungen oder Urteile
- Vereinbarkeit mit gesetzlicher Grundlage
Das BVerfG ist keine Superrevisionsinstanz und prüft daher nicht vollständig die richtige Anwendung des einfachen Rechts, sondern vielmehr nur die Verletzung spezifischen Verfassungsrechts. Allerdings wird in der Verletzung wesentlicher Voraussetzungen der Rechtsgrundlage auch ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 III GG) liegen.
- Insbesondere Verhältnismäßigkeit
- Legitimer Zweck
- Geeignetheit
- Erforderlichkeit
- Verhältnismäßigkeit