- Inhaltsverzeichnis
- Schutzbereich
- Persönlicher Schutzbereich
- Natürliche Personen
- Juristische Personen
- Sachlicher Schutzbereich
- Beruf
- Berufswahl und Berufsausübung
- Eingriff
- Allgemeine Eingriffsdogmatik
- Berufsregelnde Tendenz
- Rechtfertigung
- Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
- Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
- Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
- Formelle Verfassungsmäßigkeit
- Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
- Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
- Form: Ausfertigung und Verkündung
- Materielle Verfassungsmäßigkeit
- Allgemeine materielle Anforderungen
- Verhältnismäßigkeit des Gesetzes
- Stufe 1: Berufsausübungsregel („Wie")
- Stufe 2: Subjektive Berufszugangsregel („Ob" anhand von personenbezogenen Kriterien)
- Stufe 3: Objektive Berufszugangsregel („Ob" anhand obj. Kriterien)
- Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts
Schutzbereich
Persönlicher Schutzbereich
Natürliche Personen
Es handelt sich ausweislich des Wortlautes („alle Deutschen") um ein ‚Deutschengrundrecht‘ (auch ‚Bürgerrecht‘). Siehe hierzu ausführlich die Übersicht: Persönlicher Schutzbereich von Deutschengrundrechten (Art. 116 I GG).
- Ausländische Staatsbürger
Ausländer können sich nicht auf Deutschengrundrechte berufen; hier kommt ein Rückgriff auf die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) als ‚Auffanggrundrecht‘ in Betracht, das unter Umständen nicht dasselbe Schutzniveau bietet.
Juristische Personen
Juristische Personen können sich unter den Voraussetzungen des Art. 19 III GG (siehe die Übersicht dort) grds. auf Art. 12 I GG berufen.
Sachlicher Schutzbereich
Beruf
Ein tatsächlich erwirtschafteter Gewinn ist nicht erforderlich (str.).
Beispiele: Selbstständige oder festangestellte Reinigungskräfte; Hauptjob als Spargelstecher während der Spargelsaison; Nebenjob einer Jurastudentin während der Semesterferien; nicht: Ehrenamt
Berufswahl und Berufsausübung
Es handelt sich trotz der unterschiedlichen Modalitäten im Wortlaut der Art. 12 I 1 und 2 GG um ein einheitliches Grundrecht mit mehreren Teilgewährleistungen:
- Freie Wahl des Berufs
Entscheidung, ob überhaupt ein Beruf und falls ja, welcher ausgeübt wird.
- Freie Wahl des Arbeitsplatzes
Entscheidung, wo die berufliche Tätigkeit ausgeübt wird.
- Freie Wahl der Ausbildungsstätte
Wahl der Einrichtung der beruflichen Ausbildung.
- Freie Berufsausübung
Wahl von Ort, Umfang, Dauer, Inhalt, Modalitäten, äußerer Erscheinungsform und dergl. der Tätigkeit; reicht von der erstmaligen Betätigung bis zur völligen Aufgabe jeglicher Berufstätigkeit.
Eingriff
Allgemeine Eingriffsdogmatik
Beispiel: Das Gesundheitsministerium warnt auf seiner Homepage vor dem mit Glykol versetzten Wein des Herstellers X, der infolgedessen Umsatzeinbrüche erleidet und bankrott geht. U.a. mangels Unmittelbarkeit (mittelbare Kundenentscheidung nicht mehr zu kaufen) und Rechtsförmigkeit liegt kein klassischer Eingriff vor. Es handelt sich jedoch um ein funktionales Äquivalent, da besondere Intensität (Weinhersteller geht Bankrott) und Finalität (es wird gerade vor einem bestimmten Weinhersteller gewarnt) vorliegen.
Die Berufsfreiheit schützt nur die Teilnahme am freien Markt nach den Regeln des Wettbewerbs. Daher grds. kein Eingriff, wenn der Staat auf dem Markt als Konkurrent aktiv wird; außer: Staat nimmt Monopolstellung ein oder verschafft sich unfaire Wettbewerbsvorteile, die dem Einzelnen die Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit unmöglich machten.
Berufsregelnde Tendenz
Zur Abgrenzung von der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 I GG) muss die staatliche Maßnahme eine berufsregelnde Tendenz aufweisen, d.h. entweder
- final sein, also auf die Regelung der beruflich ausgeübten Tätigkeit abzielen,
- sich unmittelbar auf die beruflich ausgeübte Tätigkeit auswirken oder
- in den mittelbaren Auswirkungen auf die beruflich ausgeübte Tätigkeit von einigem Gewicht sein
Beispiele: Studiengebühren; Pflicht des Getränkehandels, Pfand zu erheben; aber nicht: die Pflicht für einen reinen Arbeitslaptop Rundfunkgebühren zu bezahlen
Rechtfertigung
Einschränkbarkeit des Grundrechts (‚Schranke‘)
Dem Wortlaut der Art. 12 I 1 und 2 GG zufolge wird die Berufswahl vorbehaltslos gewährt und die Berufsausübung unter einfachen Gesetzesvorbehalt gestellt. Die Berufsausübung bestätigt die Berufswahl jedoch immer wieder; beide sind untrennbar miteinander verbunden.
Aus teleologischen Erwägungen handelt es sich daher um ein einheitliches Grundrecht mit einer einheitlichen Schranke in Form eines einfachen Gesetzesvorbehalts (formelles Gesetz nötig).
Grenzen der Einschränkbarkeit (‚Schranken-Schranken‘)
Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes
Formelle Verfassungsmäßigkeit
Detailliert: Siehe das Schema Gesetzgebungsverfahren.
Zuständigkeit: Gesetzgebungszuständigkeit
Verfahren: Gesetzgebungsverfahren
Form: Ausfertigung und Verkündung
Materielle Verfassungsmäßigkeit
Allgemeine materielle Anforderungen
Siehe zu der hier knapp gehaltenen Aufzählung ausführlich das Prüfungsschema Freiheitsgrundrechte.
- Zitiergebot (Art. 19 I 2 GG)
- Aufbauhinweis: Das Zitiergebot wird teilweise auch unter dem Punkt „formelle Verfassungsmäßigkeit" geprüft.
- Verbot des Einzelfallgesetzes (Art. 19 I 1 GG)
- Verbot der Einschränkung des Wesensgehaltes (Art. 19 II GG)
- Bestimmtheitsgebot (allg.: Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG; speziell für Strafgesetze, Art. 103 II GG)
- Rückwirkungsverbot (allg.: Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG; speziell für Strafgesetze: Art. 103 II GG)
-
- Echte Rückwirkung
- Unechte Rückwirkung
Verhältnismäßigkeit des Gesetzes
Auch wenn alle Teilgewährleistungen der Berufsfreiheit einem einheitlichen einfachen Gesetzesvorbehalt als Schranke unterliegen, gelten aufgrund des unterschiedlichen Wortlauts in Art. 12 I 1 und 2 GG gemäß der vom BVerfG im Apotheken-Urteil entwickelten Drei-Stufen-Theorie unterschiedlich strenge Anforderungen für die jeweiligen Eingriffe. Wie bei jeder Verhältnismäßigkeitsprüfung steht dahinter die Grundregel, dass die mit dem Eingriff verfolgten Ziele umso gewichtiger sein müssen, je intensiver der Eingriff ist.
Stufe 1: Berufsausübungsregel („Wie")
- Eingriffsintensität: Gering
- Besonderes Ziel: vernünftige Erwägungen des Allgemeinwohls
- Geeignetheit/Erforderlichkeit/Angemessenheit: keine Besonderheit
- Beispiele: Sicherheitsvorschriften für Bauarbeiter; Maximale Ladenöffnungszeiten; Rauchverbot in Gaststätten
Stufe 2: Subjektive Berufszugangsregel („Ob" anhand von personenbezogenen Kriterien)
- Eingriffsintensität: Mittel
- Besonderes Ziel: Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter vor abstrakten Gefahren
- Geeignetheit: keine Besonderheit; Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers
- Erforderlichkeit: Ist eine Regelung auf niederer Stufe, also auf Stufe 1., ausreichend?
- Angemessenheit: Abwägung des besonderen Ziels mit der Beeinträchtigung
- Beispiele: Numerus Clausus für Studiengänge; Prüfung der ‚Zuverlässigkeit‘ für best. Gewerbe; e.A.: auch nicht beeinflussbare Kriterien, die einer Person anheften wie Alter, Größe (str., h.M. ordnet jene Stufe 3 zu, s.u.)
Stufe 3: Objektive Berufszugangsregel („Ob" anhand obj. Kriterien)
- Eingriffsintensität: Hoch
- Besonderes Ziel: Schutz überragend wichtiger Gemeinschaftsgüter (z.B. Volksgesundheit, Jugendschutz) vor nachweisbaren oder höchstwahrscheinlichen schweren Gefahren
- Geeignetheit: keine Besonderheit; Einschätzungsprärogative des Gesetzgebers
- Erforderlichkeit: Ist eine Regelung auf niederer Stufe, also auf Stufe 1. oder 2., ausreichend?
- Angemessenheit: Abwägung des besonderen Ziels mit der Beeinträchtigung
- Beispiele: Höchstzahl für Notare oder Verkehrsunternehmen, h.M.: auch nicht beeinflussbare Kriterien, die einer Person anheften wie Alter, Größe
Anforderungen an die Rechtfertigung ↑
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Stufe 3
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Stufe 2
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Stufe 1
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→ Intensität des Eingriffs
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Ggf. Verfassungsmäßigkeit des Einzelakts
Urteil oder Maßnahmen aufgrund des Gesetzes.