- Inhaltsverzeichnis
- Tatbestand
- Objektiver Tatbestand
- Tatobjekt
- Lebende Einzelpersonen
- Personengesamtheiten
- Tathandlung: Beleidigung
- Modalität
- Inhalt
- Werturteile
- Tatsachenbehauptungen
- Kundgabeerfolg
- Subjektiver Tatbestand
- Rechtswidrigkeit
- Schuld
- Qualifikation
- Strafantrag (§§ 194, 77 StGB)
- Straffreiheit (§ 199 StGB)
Tatbestand
Objektiver Tatbestand
Tatobjekt
Lebende Einzelpersonen
Tatobjekt kann jeder lebende Mensch sein (für Verstorbene s. § 189 StGB); nach h.M. unabhängig von dessen Aufnahmefähigkeit (z.B. auch Kinder oder Geisteskranke).
Mehrere Personen können auch unter Nennung einer Sammel-/Kollektivbezeichnung beleidigt werden. Überwiegend wird dafür verlangt, dass...
- der Personenkreis so klar abgegrenzt und zahlenmäßig überschaubar ist, sodass er aus der Allgemeinheit heraussticht und
- eine Zuordnung zu einzelnen Personen möglich ist.
Beispiel.: Die Lehrer am Schiller-Gymnasium verkaufen Schulnoten.
Personengesamtheiten
Tathandlung: Beleidigung
Modalität
Wörtlich (z.B. durch Kraftausdrücke), schriftlich (z.B. Brief), bildlich (z.B. Karikatur), durch Gesten (z.B. durch Ansinnen sexueller Handlungen)
Inhalt
Werturteile
Gegenüber dem Betroffenen selbst oder gegenüber Dritten kann die Beleidigung mittels ehrkränkenden Werturteils erfolgen.
Beispiel: „Der A ist ein dummes Luder.“
Tatsachenbehauptungen
Gegenüber dem Betroffenen (gegenüber Dritten: § 187 StGB) kann die Beleidigung auch mittels ehrkränkender Tatsachenbehauptungen erfolgen.
Auch umfasst sind Behauptungen über innere Tatsachen, wie Absichten, Motive, Charaktereigenschaften oder Beweggründe, soweit sie erkennbar eine Beziehung zu bestimmten äußeren Ereignissen aufweisen und dadurch der notwendige Realitätsbezug hergestellt wird.
Beispiel: „Der A ist ein Dieb.“ (= Innere Tatsache, die in Beziehung zu einem äußeren Ereignis – nämlich einem Diebstahl – gesetzt werden kann)
Straftaten sind nach § 190 StGB erweislich wahr, wenn der Beleidigte wegen dieser Tat rechtskräftig verurteilt worden ist; der Beweis der Wahrheit ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Beleidigte rechtskräftig freigesprochen worden ist.
- Erweislich wahre Tatsachenbehauptungen
- Grundsatz
Wahre Tatsachen können nicht ehrrührig sein (vgl. auch die explizite Feststellung in § 186 StGB: „wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist“). Sie sind gegenüber dem Betroffenen selbst oder gegenüber Dritten daher grundsätzlich straffrei.
- Ausnahme: Formalbeleidigung
Der Beweis der Wahrheit der Tatsache steht einer Bestrafung gem. §§ 192 Hs. 2, 193 Hs. 2 StGB) nicht entgegen, wenn es sich um eine „Formalbeleidigung“ handelt.
- Unwahre Tatsachen
Strafbar sind unwahre Tatsachenbehauptungen ehrkränkender Art gegenüber dem Betroffenen.
- Tatsachen mit nicht erweislichem Wahrheitsgehalt
Nach e.A. ebenfalls strafbar sind ehrkränkende Tatsachenbehauptungen mit nicht erweislichem Wahrheitsgehalt. Hier stellen sich zwei Fragen:
Kundgabeerfolg
- e.A.: Äußerung muss dem Sinn nach erfasst worden sein
(pro) sonst keine Verletzung der inneren Ehre
- a.A.: Sinnliche Wahrnehmung der Äußerung reicht aus
(pro) Auch Schutz von u.a. Ausländern, Kindern, geistig eingeschränkten Personen; insb. Schutz derer äußeren Ehre
Subjektiver Tatbestand
Bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (lat. dolus eventualis) ausreichend. „Beleidigungswille“ nicht notwendig. (e.A. kein Vorsatz bzgl. der Unwahrheit, da dies nur objektive Bedingung der Strafbarkeit, s.o.)
Rechtswidrigkeit
Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Hier:
Schuld
Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.
Qualifikation
- § 185 Alt. 1 StGB: Öffentlich, in einer Versammlung, durch Verbreiten eines Inhalts
- § 185 Alt. 2 StGB: Tätliche Beleidigung (= unmittelbare körperliche Einwirkung, die nach objektiver Beurteilung eine besondere Missachtung des Geltungswertes des Betroffenen ausdrückt)
- § 188 I StGB: Gegen Personen des politischen Lebens gerichtete Beleidigung
Strafantrag (§§ 194, 77 StGB)
Beleidigungsdelikte setzten grds. Strafantrag gem. §§ 194, 77 StGB voraus
Straffreiheit (§ 199 StGB)
Nach dem Gedanken der Kompensation kann das Gericht gem. § 199 StGB, wenn eine Beleidigung auf der Stelle erwidert wird und ein psychologischer Zusammenhang zwischen den Taten besteht, einen oder beide Beleidiger für straffrei erklären.