- Inhaltsverzeichnis
- Rechtsgrundlage
- Formelle Rechtmäßigkeit
- Zuständigkeit
- Verfahren
- Form
- Bei formellen Fehlern
- Materielle Rechtmäßigkeit
- Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
- Rechtsfolge
Rechtsgrundlage
Erforderlich ist die Nennung der konkreten gesetzlichen Rechtsgrundlage zum Erlass des VAs. Neben formellen (Parlaments-)Gesetzen kommen auch Rechtsverordnungen oder Satzungen in Betracht.
Grund / Herleitung: Gesetzesvorbehalt / „Kein Handeln ohne Gesetz“; abgeleitet aus dem Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG.
Formelle Rechtmäßigkeit
Zuständigkeit
- Sachliche Zuständigkeit
Inhaltliche Zuweisung (z.B. Baubehörde für Bauanträge); ergibt sich aus Spezialgesetz
- Instanzielle Zuständigkeit
Verbandskompetenz (z.B. Landkreis oder Gemeinde) sowie Organkompetenz (z.B. Gemeinderat oder Bürgermeister einer Gemeinde)
- Örtliche Zuständigkeit
Örtliche Zuweisung (z.B. Landkreis, in dem gebaut werden soll); ergibt sich aus Spezialgesetz, sonst: § 3 VwVfG
Verfahren
Hier (soweit im Klausurfall problematisch) Prüfung der allg. Verfahrensvorschriften (§§ 9 – 34 VwVfG) sowie der Folgen von Verfahrensfehlern (§§ 44 – 46 VwVfG) und ggf. spezialgesetzlicher Vorgaben.
Häufig abgeprüft werden:
- Mitwirkung ausgeschlossener Personen (§§ 20, 21 VwVfG)
Unterscheide zwischen:
- Ausgeschlossene Personen kraft Gesetzes (§ 20 VwVfG) sowie
- Ausschluss wegen Besorgnis der Befangenheit (§ 21 VwVfG): Nach Wortlaut Behauptung/Selbstunterrichtung erforderlich und Rechtsfolge unklar; aber nach h.M.: bei Mitwirkung befangener Person VA stets formell rechtswidrig.
- Anhörung (§ 28 I VwVfG)
- Bei belastendem VA grds. notwendig; bei begünstigendem VA str.
- Ggf. entbehrlich nach § 28 II, III VwVfG (z.B. Gefahr im Verzug, § 28 II Nr. 1 VwVfG)
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- Kann auch noch im Laufe des Gerichtsverfahrens bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz (§ 45 II VwVfG) nachgeholt und der Verfahrensfehler damit geheilt werden (§ 45 I Nr. 3 VwVfG).
- Ggf. unterlassene Anhörung unbeachtlich, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat; h.M.: Kommt nur bei gebundenen Entscheidungen in Betracht (Art. 46 VwVfG).
Form
- Hinreichende Bestimmtheit (§ 37 I VwVfG)
- Sonst grundsätzlich formfrei (§ 37 II VwVfG)
- Begründung: Bei schriftlichen oder elektronischen VAs grds. erforderlich (§ 39 I VwVfG); aber ggf. entbehrlich nach § 39 II VwVfG
Bei formellen Fehlern
Folge:
Zudem:
- Heilungsmöglichkeit (§ 45 VwVfG)
z.B. Nachholung der Anhörung nach § 45 I Nr. 3 VwVfG (innerhalb des zeitlichen Rahmens nach § 45 II VwVfG)
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Unbeachtlichkeit (§ 46 VwVfG)
Keine Beachtung des Fehlers, wenn er die Entscheidung in der Sache offensichtlich nicht beeinflusst hat (§ 46 VwVfG); Rechtsfolge: VA bleibt rechtswidrig, wird aber auch i.R.d. Anfechtungsklage nicht durch das Gericht aufgehoben.
Materielle Rechtmäßigkeit
Tatbestandsvoraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage
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Grundsatz: Volle gerichtliche Kontrolle der Definition und Subsumption der Tatbestandsmerkmale (Art. 19 IV GG). Dies gilt auch bei unbestimmten Rechtsbegriffen, z.B. ‚erforderliche Zuverlässigkeit‘, § 4 I Nr. 1 GastG.
- Ausnahme: Beurteilungsspielraum der Verwaltung
Hier nur Vertretbarkeitskontrolle = eingeschränkte Prüfung auf Beurteilungsfehler (Sachverhalt zutreffend ermittelt; Verfahren beachtet und anhand anerkannter Maßstäbe und ohne sachfremde Erwägungen entschieden). Herleitung: Einzigartigkeit der Überprüfungssituation und Wissensvorsprung der prüfenden Behörde; normative Anknüpfung ist nicht § 114 VwGO, s.u.; Fallgruppen:
- Prüfungs- und prüfungsähnliche Entscheidungen
z.B: Abitur, Staatsprüfung
- Entscheidungen besonders wertender Art / Sachverständigengremien
z.B. Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
- Beamtenrechtliche Beurteilungen u. Einstellungsentscheidungen
Rechtsfolge
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Gebundene Entscheidung
Verwaltung muss die vorgegebene Rechtsfolge anordnen / herbeiführen.
Wortlaut z.B.: „ist“ / „hat“ / „muss“
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Ermessensentscheidung
Verwaltung hat Ermessensspielraum. Gericht überprüft nicht die Zweckmäßigkeit der behördlichen Entscheidung. Kontrolle beschränkt sich auf das Vorliegen von Ermessensfehlern (§ 114 S. 1 VwGO; vgl. auch § 40 VwVfG).
Herleitung: Gewaltenteilung (Art. 20 III GG) und Erkenntnisvorsprung der Behörde.
Wortlaut z.B.: „kann" / „ist befugt" / „darf“
Ermessensentscheidungen sind rechtswidrig bei:
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Ermessensnichtgebrauch / Ermessensausfall
Behörde macht von dem gesetzlich zustehenden Ermessen keinen Gebrauch und denkt, sie muss auf eine Art entscheiden.
Ausnahmen: Ermessensreduzierung auf Null; insb. bei drohenden erheblichen Eingriffen in Art. 2 I GG (z.B. Schuss auf Hund, der ein Kind angreift).
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Ermessensfehlgebrauch
Behörde stützt Entscheidung auf sachfremde Erwägungen. Unterfälle:
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Ermessensdefizit
Nicht alle Aspekte ermittelt oder einbezogen
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Ermessensmissbrauch
Irrelevante Aspekte einbezogen
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Ermessensdisproportionalität
Aspekte erheblich falsch gewichtet; logische Fehler oder sachfremde Abweichung von vorheriger Verwaltungspraxis (Selbstbindung der Verwaltung, Rechtssicherheit, Gleichbehandlungsgrundsatz)
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Ermessensüberschreitung
Behörde wählt eine nicht von der Rechtsgrundlage gedeckte Rechtsfolge.
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Verstoß gegen höherrangiges Recht
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Verstoß gegen Grundrechte, u.a. den Gleichbehandlungsgrundsatz, Art. 3 I GG
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Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz