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StGB  
Strafgesetzbuch

Strafrecht

Strafrecht AT

(1) Kann wegen der Straftat keine bestimmte Person verfolgt oder verurteilt werden, so ordnet das Gericht die Einziehung oder die Unbrauchbarmachung selbständig an, wenn die Voraussetzungen, unter denen die Maßnahme vorgeschrieben ist, im Übrigen vorliegen. Ist sie zugelassen, so kann das Gericht die Einziehung unter den Voraussetzungen des Satzes 1 selbständig anordnen. Die Einziehung wird nicht angeordnet, wenn Antrag, Ermächtigung oder Strafverlangen fehlen oder bereits rechtskräftig über sie entschieden worden ist.
(2) Unter den Voraussetzungen der §§ 73, 73b und 73c ist die selbständige Anordnung der Einziehung des Tatertrages und die selbständige Einziehung des Wertes des Tatertrages auch dann zulässig, wenn die Verfolgung der Straftat verjährt ist. Unter den Voraussetzungen der §§ 74b und 74d gilt das Gleiche für die selbständige Anordnung der Sicherungseinziehung, der Einziehung von Verkörperungen eines Inhalts und der Unbrauchbarmachung.
(3) Absatz 1 ist auch anzuwenden, wenn das Gericht von Strafe absieht oder wenn das Verfahren nach einer Vorschrift eingestellt wird, die dies nach dem Ermessen der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts oder im Einvernehmen beider zulässt.
(4) Ein wegen des Verdachts einer in Satz 3 genannten Straftat sichergestellter Gegenstand sowie daraus gezogene Nutzungen sollen auch dann selbständig eingezogen werden, wenn der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt und der von der Sicherstellung Betroffene nicht wegen der ihr zugrundeliegenden Straftat verfolgt oder verurteilt werden kann. Wird die Einziehung eines Gegenstandes angeordnet, so geht das Eigentum an der Sache oder das Recht mit der Rechtskraft der Entscheidung auf den Staat über; § 75 Absatz 3 gilt entsprechend. Straftaten im Sinne des Satzes 1 sind
1.
aus diesem Gesetz:
a)
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat nach § 89a und Terrorismusfinanzierung nach § 89c Absatz 1 bis 4,
b)
Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Absatz 1 und Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a Absatz 1, 2, 4, 5, jeweils auch in Verbindung mit § 129b Absatz 1,
c)
Zuhälterei nach § 181a Absatz 1, auch in Verbindung mit Absatz 3,
d)
Verbreitung, Erwerb und Besitz kinderpornografischer Inhalte in den Fällen des § 184b Absatz 2,
e)
gewerbs- und bandenmäßige Begehung des Menschenhandels, der Zwangsprostitution und der Zwangsarbeit nach den §§ 232 bis 232b sowie bandenmäßige Ausbeutung der Arbeitskraft und Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung nach den §§ 233 und 233a,
f)
Geldwäsche nach § 261 Absatz 1 und 2,
2.
aus der Abgabenordnung:
a)
Steuerhinterziehung unter den in § 370 Absatz 3 Nummer 5 genannten Voraussetzungen,
b)
gewerbsmäßiger, gewaltsamer und bandenmäßiger Schmuggel nach § 373,
c)
Steuerhehlerei im Fall des § 374 Absatz 2,
3.
aus dem Asylgesetz:
a)
Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84 Absatz 3,
b)
gewerbs- und bandenmäßige Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung nach § 84a,
4.
aus dem Aufenthaltsgesetz:
a)
Einschleusen von Ausländern nach § 96 Absatz 2,
b)
Einschleusen mit Todesfolge sowie gewerbs- und bandenmäßiges Einschleusen nach § 97,
5.
aus dem Außenwirtschaftsgesetz:
vorsätzliche Straftaten nach den §§ 17 und 18,
6.
aus dem Betäubungsmittelgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 29 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach den §§ 29a, 30 Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sowie den §§ 30a und 30b,
6a.
aus dem Konsumcannabisgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 34 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 4 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach § 34 Absatz 4,
6b.
aus dem Medizinal-Cannabisgesetz:
a)
Straftaten nach einer in § 25 Absatz 4 Satz 2 Nummer 1 oder Nummer 4 in Bezug genommenen Vorschrift unter den dort genannten Voraussetzungen,
b)
Straftaten nach § 25 Absatz 5,
7.
aus dem Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen:
a)
Straftaten nach § 19 Absatz 1 bis 3 und § 20 Absatz 1 und 2 sowie § 20a Absatz 1 bis 3, jeweils auch in Verbindung mit § 21,
b)
Straftaten nach § 22a Absatz 1 bis 3,
8.
aus dem Waffengesetz:
a)
Straftaten nach § 51 Absatz 1 bis 3,
b)
Straftaten nach § 52 Absatz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe c und d sowie Absatz 5 und 6.
Quelle: BMJ
Import:
LexMea

Begünstigung (§ 257 StGB)

Prüfungsschema zur Begünstigung (§ 257 StGB): Täter erschwert den staatlichen Zugriff auf die unmittelbaren Vorteile einer fremden Vortat im Vortäterinteresse durch Hilfeleisten. 

Hilfeleisten bezeichnet hier jede Handlung, die objektiv geeignet ist, die durch die Vortat erlangten Vorteile dagegen zu sichern, dass sie dem Vortäter zugunsten der Verletzten entzogen werden.

 

  1. Inhaltsverzeichnis
  2. Tatbestand
  3. Objektiver Tatbestand
  4. Vortat
  5. Tathandlung: Hilfeleisten
  6. Subjektiver Tatbestand
  7. Vorsatz
  8. Begünstigungs- / Vorteilssicherungsabsicht
  9. Rechtswidrigkeit
  10. Schuld
  11. Persönlicher Strafausschließungsgrund (Abs. 3 S. 1)
  12. Strafantrag

 

  • Deliktart
    • Anschlussdelikt (setzt Vortat eines anderen voraus)
    • Restitutionsvereitelungsdelikt
    • Abstraktes Gefährdungsdelikt (Gefährdung der Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustands)
  • Rechtsgut
    • Allgemeininteressen
      Strafrechtspflege (Ermöglichung der Wiederherstellung der Vorteile der Vortat)
    • e.A. zudem Individualinteressen 
      Zudem auch durch Tatbestand der Vortat geschütztes Rechtsgut (i.d.R. Vermögen)

 

Innerhalb der Anschlussdelikte (§§ 257 ff. StGB) regelt § 257 StGB die „sachliche Begünstigung“ (in Bezug auf die Beute) im Interesse des Täters der Vortat. Siehe hierzu die Übersicht: Anschlussdelikte §§ 257 ff. StGB.

 

Tatbestand

Objektiver Tatbestand

Vortat

Vortat = Rechtswidrig, nicht notwendigerweise schuldhaft begangene Tat eines anderen (Selbstbegünstigung ist straflos), die den Tatbestand eines Strafgesetzes verwirklicht (§ 11 I Nr. 5 StGB) und dem Täter einen Vorteil verschafft hat

Beispiele: Bankraub mit Erbeutung von Goldbarren; aber auch andere als Vorteile aus Vermögensdelikten, z.B. durch Bestechung erlangte Baugenehmigung

  • Nicht: Nur Ordnungswidrigkeit
  • Nicht: Nur irrig vorgestellte Vortat (dann nur Versuch, der aber nicht strafbar ist); mindestens strafbarer Versuch (Wortlaut „der eine rechtswidrige Tat begangen hat“)

 

Abgrenzung zwischen sukzessiver Beihilfe (Vortat i.V.m. § 27 StGB) und Begünstigung (§ 257 StGB)

Beispiel: Bankräuber B stürmt samt Beute aus einer Bank und flüchtet im Tatwagen zum bis dahin unwissenden A nach Hause. Um die verfolgende Polizei abzuschütteln, bittet er den A schnell in dessen Garage Unterschlupf finden zu dürfen, was dieser auch ermöglicht.

 

Problem 1: Gibt es eine sukzessive Beihilfe (= Beihilfe zw. Vollendung und Beendigung)?

  • h.L.: (-) Nein, nach Vollendung immer Begünstigung
    (pro) Wortlaut: „vorsätzlich begangene rechtswidrige Tat“ i.S.d. § 27 StGB ist mit Vollendung abgeschlossen; Systematik: Nach Vollendung ist kein kausaler Beitrag mehr möglich; die Anschlussdelikte sind hierfür ausreichend und abschließend; Zeitpunkt der „Beendigung“ ist zu unbestimmt (Bestimmtheitsgebot, Art. 103 II GG);

  • Rspr.: (+) Ja, bei Förderung zw. Vollendung und Beendigung
    (pro) Wortlaut: „Hilfeleistung“ auch noch dann möglich; Systematik: die Beihilfe erfordert keinen kausalen Beitrag (siehe den Streit dort); Telos: Zeitpunkt der Vollendung ist oft zufallsabhängig; auch danach trägt die Beihilfe zur Stabilisierung des dauerhaften Schadenseintritts bei.

 

Problem 2 (wenn man der Rspr. folgt): Abgrenzung zwischen sukzessiver Beihilfe (zur Vortat) und Begünstigung mittels Hilfeleisten zw. Vollendung und Beendigung der Vortat

  • Rspr. Abgrenzung nach innerer Willensrichtung des Helfenden
    (con) Innere Willensrichtung in der Praxis kaum ermittelbar bzw. Täter kann selbst durch seine persönliche Motivation über Anwendung von § 27 oder § 257 StGB entscheiden 

    • Helfender will, dass Vortat erfolgreich zu Ende gebracht wird

      → sukzessive Beihilfe

    • Helfender will dem Vortäter das Erlangte darüber hinaus sichern

      → Begünstigung

  • a.A. Immer Beihilfe
    (pro) Wortlaut: Gesetzlich angeordnete Subsidiarität (§ 257 III 1 StGB); Systematik: Wille, dem Vortäter das Erlangte langfristig zu sichern, darf einer ggf. strengeren Strafbarkeit als Gehilfe nicht entgegenstehen.

 

Tathandlung: Hilfeleisten

Hilfeleisten = Jede Handlung, die objektiv geeignet ist, die durch die Vortat erlangten Vorteile dagegen zu sichern, dass sie dem Vortäter zugunsten der Verletzten entzogen werden (h.M.)

  • e.A.: tatsächlicher Eintritt einer objektiven Vorteilssicherung erforderlich
    (con) Wortlaut: „in der Absicht … die Vorteile der Tat zu sichern“ (überschießende Innentendenz)

  • h.M.: nach subjektiver Vorstellung des Täters zur Besserstellung geeignet
    (con) Systematik: Dann nur Versuch, der gerade nicht strafbar ist

Vorteile = Jede Verbesserung der rechtlichen/wirtschaftlichen/tatsächlichen Lage des Vortäters, die im Widerspruch zu den Rechten des Vortatopfers steht

  • Vollendung damit nach h.M. nicht erst ab objektiver Vorteilssicherung, sondern bereits ab unmittelbarem Ansetzen zur Hilfeleistungshandlung
  • Bloße Sacherhaltung ≠ Hilfeleisten (da keine Verhinderung des Entzugs zugunsten der Verletzten)
    z.B. nicht bloßes füttern gestohlener Tiere

  • Hilfeleisten auch durch Unterlassen möglich, wenn Garantenstellung oder Rechtspflicht zur Verhinderung der Vorteilssicherung besteht (§ 13 StGB)
    z.B. Mutter duldet, dass Tochter gestohlenes Fahrrad in der Garage versteckt

 

Sind mittelbare Vorteile aus der Vortat (sog. Ersatzvorteile) umfasst?

Beispiel: Täter T klaute aus einem Museum ein Bild. Eine Woche später verkauft er es auf dem Schwarzmarkt und bittet den A das Bargeld für ihn sicher zu verwahren.

  • e.A.: (+) Ja
    (pro) Systematik/Wortlaut: § 259 StGB erfordert, dass der Täter die Sache unmittelbar „durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat“ (keine sog. Ersatzhehlerei), während § 257 StGB in einer weiteren Formulierung sämtliche „Vorteile der Tat“ umfasst.
  • h.M.: (-) Nein
    (pro) Telos: Restitutionsvereitelungsdelikte sollen allg. vor der Verhinderung der Wiederherstellung der unmittelbar aus der Vortat stammenden Vorteile sichern; Systematik: bei vielen Zwischenhandlungen kein hinreichender Bezug mehr zur Vortat – Abgrenzung, ab wann keine Strafbarkeit mehr vorliegt, zu unscharf (aber: Bestimmtheitsgebot, Art. 103 II GG).

 

 

Subjektiver Tatbestand

Vorsatz

  • Mindestens bedingter Vorsatz / Eventualvorsatz (dolus eventualis) bezüglich aller objektiven Merkmale
  • h.M.: Täter muss Art der Vortat nicht exakt kennen, sofern es sich bei der Vorstellung des Täters um irgendeine Straftat (und nicht nur um eine Ordnungswidrigkeit) handelt.

 

Begünstigungs- / Vorteilssicherungsabsicht

Absicht (dolus directus 1. Grades) im Interesse des Vortäters die Wiederherstellung des gesetzesmäßigen Zustands zu verhindern oder zu erschweren (a.A.: dolus directus 2. Grades ausreichend).

 

 

Rechtswidrigkeit

Die Rechtswidrigkeit wird durch die Tatbestandsmäßigkeit indiziert. Siehe für eine Übersicht der möglichen Rechtfertigungsgründe die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Schuld

Schuld bezeichnet die persönliche Vorwerfbarkeit der Unrechtsverwirklichung. Auch diese wird grundsätzlich angenommen. Siehe für Fälle, in denen sie entfällt (Schuldunfähigkeit, entschuldigende Irrtümer und Entschuldigungsgründe) die Übersicht: Rechtswidrigkeit und Schuld im Strafrecht.

 

 

Persönlicher Strafausschließungsgrund (Abs. 3 S. 1)

Gem. § 257 III 1 StGB findet keine Bestrafung von Tätern statt, die selbst an der Vortat beteiligt waren.

  • Strafausschließungsgründe liegen bereits zur Tatzeit vor, Strafaufhebungsgründe treten nachträglich ein.
  • Im Unterschied zum Ausschluss des Tatbestandes ist der Täter bei Vorliegen eines Strafausschließungs- oder Strafaufhebungsgrundes zwar ebenfalls straffrei, es liegt jedoch weiterhin eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige Haupttat vor, an der eine Teilnahme möglich ist.
  • Sie gelten beide nur für die Täter, bei denen sie persönlich vorliegen (§ 28 II StGB).

 

 

Strafantrag

Es ist ein Strafantrag erforderlich, wenn ...

  • ein solcher auch für die Vortat erforderlich ist (§ 257 IV 1 StGB)
  • es sich um einen Vermögensvorteil geringen Wertes handelt (§ 257 IV 2 i.V.m. § 248a StGB). Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 248a StGB ist der objektive Verkehrswert. Bei mehreren Sachen wird der Wert addiert. Umstritten ist die (Gesamt-)Wertschwelle (BGH: 25 €; a.A. 50 €).

 

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